Razzia in Schmölln: Polizei und Datenschutz durchsuchen Halle von Barbaria-Sportverein

(Relevant, weil der Verein in Sachsen aktiv ist und Ermittlungen gegen „links“ laufen wegen der im Artikel erwähnten Brandstiftung)

Das Gelände der Barbaria Sportgemeinschaft Schmölln ist am Mittwoch durchsucht worden. Beteiligt waren Mitarbeiter des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz, die von starken, teils vermummten Polizeikräften unterstützt wurden.

Schmölln. Ein großes Polizeiaufgebot sorgte am Mittwochvormittag für Aufsehen auf dem Schmöllner Markt. Die Kräfte sammelten sich dort nach LVZ-Informationen für eine Razzia im Gebäudekomplex der ehemaligen Präzisionswerkzeugfabrik Schmölln (PWS) an der Altenburger Straße, der mehrmals den Besitzer gewechselt hatte. Wie ein Sprecher der Polizeiinspektion Gera der LVZ auf Anfrage mitteilte, wurden die Polizeikräfte als Unterstützung für eine Durchsuchung durch Mitarbeiter der Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz bereitgestellt.

Warum das Gebäude durchsucht wurde, ist im Moment nicht bekannt. Die Datenschutzbehörde will dazu keinerlei Auskünfte erteilen, wie Sprecherin Sabine Pöllmann der LVZ erklärte. „Ich muss nichts mitteilen“, sagte sie. Es handele sich um ein laufendes Verfahren, und es bestehe keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, erklärte Pöllmann.

Besitzer eines Teils der PWS-Immobilien ist Martin Langner, der am Mittwoch ein Gebäude vor dessen Durchsuchung für die Polizei öffnete. Er hatte ein zweistöckiges Haus auf einem Grundstück mit etwas mehr als 3000 Quadratmetern im hinteren Teil der Liegenschaft bei einer Zwangsversteigerung erworben (https://www.lvz.de/lokales/altenburger-land/schmoelln/darum-wurde-das-riesige-alte-pws-gelaende-in-schmoelln-am-amtsgericht-altenburg-zwangsversteigert-E64R7NOWDNCMMI5VE5YZMDUIVY.html). Langner plant, seine Halle hauptsächlich als Fitnessstudio für Mitglieder der Barbaria Sportgemeinschaft Schmölln zu nutzen.

Langner wird der Neonazi-Szene zugerechnet. Im Dezember 2022 hatte die Polizei ein illegales Rechtsrock-Konzert abgebrochen, das in einer PWS-Halle stattfand. Barbaria ist seit 2013 in Schmölln aktiv, zunächst in einem Gebäude An der Sprotte, dass 2021 einem Brandanschlag zum Opfer fiel. Seitdem ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft zu einer möglicherweise politisch motivierten Brandstiftung.


LVZ 21.05.2022

Darum wurde das riesige alte PWS-Gelände in Schmölln zwangsversteigert – und kurz darauf attackiert

Bei der Zwangsversteigerung des größten Industriekomplexes an der Sprotte wurde die VR-Bank Altenburger Land vom Betreiber einer Kampfsport-Halle überboten, dessen altes Domizil Gegenstand von Ermittlungen ist. Nach und nach kommen nun die Gründe der unfreiwilligen Auktion ans Licht, bei der es um viel Geld geht.

Schmölln. Eines der größten und geschichtsträchtigsten innerstädtischen Industrie- und Gewerbeobjekte in Schmölln ist verkauft worden. Es ist das Gelände, auf dem sich zu DDR-Zeiten und noch wenige Jahre nach dem Mauerfall die damalige Präzisionswerkzeugfabrik Schmölln (PWS) an der Altenburger Straße befand. Dabei handelt es sich um Gebäude und Freiflächen auf über 7500 Quadratmetern.

Der Verkauf wickelte sich kompliziert und langwierig ab. So fand am 16. Juli 2020 eine erste Beschlagnahme der Immobilie statt. Zuvor machten etwa zehn Personen mehrfach Rechte und Forderungen geltend, die entweder Gesellschaften vertraten oder selbst Gläubiger waren. Die im Grundbuch eingetragene Grundschuld betrug zuletzt zwei Millionen Euro. Darauf werden 18 Prozent Zinsen jährlich von den Gläubigern erhoben.

Eine Dame forderte 100 000 Euro plus Zinsen, eine weitere hatte eine Zwangssicherung in Höhe von 68 570 Euro eintragen lassen. Auch die Stadt Schmölln gehörte zu den Gläubigern. Sie fordert Rückstände der Grundsteuer seit dem 1. April 2019 von insgesamt rund 10 700 Euro plus Säumniszuschlägen ein. Hinzu kommen weitere rund 5700 Euro aus Schulden für Abwassergebühren. Die Immobilie gehörte einer MG Grundbesitz GmbH im baden-württembergischen Dobel.

Preis in die Höhe getrieben

Häuser und Freiflächen wurden in zwei Teilen vor dem Amtsgericht Altenburg zwangsversteigert. Bei dem ersten Teil ging der Zuschlag am 9. Februar an Martin Langner, der 175 000 Euro geboten hatte. Dabei handelt es sich um ein zweistöckiges Gebäude auf einem Grundstück mit etwas mehr als 3000 Quadratmetern im hinteren Teil der Liegenschaft. Zu alten PWS-Zeiten war dies die Verzahnungshalle. Zum Gelände gehören diverse Parkplätze und eine Grünfläche zur Sprotte hin.

Den Preis in diese Höhe getrieben hat die VR-Bank Altenburger Land, der noch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes gehört. Allerdings hatte das Schmöllner Kreditinstitut nach LVZ-Informationen ein vom Aufsichtsrat festgelegtes Limit für ein Höchstgebot von 170 000 Euro. Deshalb stieg man dort aus und Langner ging darüber. Dafür muss der neue Eigentümer für mindestens acht Jahre dulden, dass die Solaranlage auf seinem Dach der VR-Bank gehört und sie diese auch einmal pro Jahr warten darf.

Fitnessstudio für Barbaria-Mitglieder

Der neue Besitzer plant, seine Halle hauptsächlich als Fitnessstudio für Vereinsmitglieder zu nutzen. Wer im Obergeschoss künftig trainieren möchte, muss Mitglied bei der Barbaria Sportgemeinschaft Schmölln werden, deren bisheriges Domizil am Morgen des 12. April 2021 abgebrannt war. (https://www.lvz.de/lokales/altenburger-land/morgendlicher-brand-in-schmoellner-fitnessstudio-ZHIPCJLCSTVTIBDERZBIH6D334.html) Der Kampfsportverein und Langner selbst werden der Neonazi-Szene zugerechnet, weshalb die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen zu der möglicherweise politisch motivierten Brandstiftung übernommen hat. (https://www.lvz.de/lokales/altenburger-land/nach-brand-in-schmoellner-fitnessstudio-generalbundesanwalt-ermittelt-P3RKLI7EC6PTUHUBW4BESLI3BQ.html) Und auch an der neuen Adresse in der Altenburger Straße 21 wurden bereits Scheiben eingeworfen – kurz nachdem Langner die Immobilie, in dessen Erdgeschoss nach LVZ-Informationen ein Schmöllner Handwerksbetrieb einziehen wird, übernommen hat.

Zuschlag für 195 000 Euro

Der größere und wertvollere Teil des alten PWS-Geländes kam am 4. Mai unter den Hammer – mit einem Verkehrswert von 650 000 Euro. Geboten wurden allerdings nur 195 000 Euro – von einem Christian Arnold. Da das Gebot weit unter Verkehrswert lag, erteilte das Amtsgericht dem Bieter den Zuschlag nicht sofort, sondern gab dem Eigentümer bis zum 13. Mai Gelegenheit zur Zustimmung oder Ablehnung. Da bis dahin keine Reaktion erfolgte, wurde Arnold sodann der Zuschlag erteilt. Was er mit der Immobilie vorhat, ist bislang völlig unklar. Im Moment haben sich dort einige Firmen eingemietet oder zumindest einen Briefkasten, wie beispielsweise ein Altenburger Dienstleistungsbetrieb, die Innova aus der Skatstadt und eine Schmöllner Reinigungsfirma. Auch die größte Altenburger Anwaltskanzlei, Büring-Reger-Dietrich, besitzt am Gebäude einen Briefkasten.

Weiteres Grundstück gleich nebenan

Der neue Eigentümer besitzt unmittelbar neben dem alten und nun von ihm erworbenen Komplex bereits ein rund 6000 Quadratmeter großes, zum Teil bebautes Grundstück. Auch dieses, rechts von der Altenburger Straße aus gesehen, gehörte einst zum PWS-Komplex. Auf diese Adresse ist ein Internethandel und ein Plissee-Vertrieb eingetragen, mit Arnold als Eigentümer.

Dass die neuen Besitzer an die große Schmöllner Industrietradition an dieser Stelle anknüpfen, damit ist nicht zu rechnen. In der PWS arbeiteten zu DDR-Zeiten über 500 Arbeiter und Angestellte, die meisten aus Schmölln und Gößnitz. Der Betrieb galt als der größte Hersteller von Verzahn- und Fräswerkzeugen republikweit. Nachfolger nach der Wende wurde eine PWS GmbH, die seit vielen Jahren allerdings in einer Halle in der Gartenstraße auf der anderen Seite der Sprotte produziert und die mit den jetzt versteigerten Immobilien nichts zu tun hat.


03.09.2021 LVZ

Nach Brand in Schmöllner Fitnessstudio: Generalbundesanwalt ermittelt

Mutmaßliche Linksextremisten stehen im Verdacht, einen Anschlag auf ein Schmöllner Fitnessstudio verübt zu haben. Es gibt mögliche Zusammenhänge mit weiteren Bränden in Thüringen.

Schmölln. Nach dem Brand in einem Schmöllner Fitnessstudio Mitte April ermittelt nun der Generalbundesanwalt gegen bislang unbekannte mutmaßliche Linksextremisten. Es gehe um den Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung, hieß es am Freitag aus Sicherheitskreisen. Zuvor hatte der „Spiegel“ darüber berichtet. Gegenstand der Ermittlungen sind neben dem Feuer in Schmölln noch vier weitere Anschläge mit Brandsätzen, die im April und Mai verübt wurden.

Das Aktivwerden der Generalbundesanwaltschaft bestätigt, was sich nach OVZ-Recherchen bereits im Juni abzeichnete: Damals hatte die Staatsanwaltschaft Gera bei mehreren Brandstiftungen in Thüringen Zusammenhänge erkannt und die Vorfälle unter dem Eindruck von „Staatsschutz-Relevanz“ beleuchtet, wie ein Sprecher im Juni auf Anfrage erklärte. Genaueres könne man aber „erst sagen, wenn man Näheres weiß“. Die näheren Erkenntnisse liegen nun offenbar vor.

Keine Verletzten, aber Sachschaden

Wie berichtet, handelt es sich bei dem betroffenen Schmöllner Fitnessstudio um die Räume der „Barbaria Sportgemeinschaft e.V.“ im Gewerbegebiet An der Sprotte. Dort werden neben Fitnessgeräten auch Selbstverteidigungskurse und Kampfsport-Trainings für Kinder angeboten. Die Mobile Beratung in Thüringen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus (Mobit) stuft Barbaria als „extrem rechte(n) Kampfsportverein“ ein. Bei dem Brand im April gab es keine Verletzten. Die Feuerwehr schaffte es, die Flammen in dem einstöckigen Gebäude auf nur einen Raum zu begrenzen. Der stand jedoch im Vollbrand, so dass erheblicher Sachschaden entstand.

Weitere Anschlagsorte in Thüringen waren eine für Rechtsrockkonzerte genutzte Baracke in Ronneburg, das „Waldhaus“ in Sonneberg, das Rittergut Guthmannshausen zwischen Sömmerda und Apolda und der Hof des Neonazis Tommy Frenck in Kloster Veßra.

Prozessauftakt gegen mutmaßliche Linksextremisten

Am Mittwoch soll am Oberlandesgericht Dresden der Prozess gegen vier mutmaßliche Linksextremisten beginnen, denen die Bundesanwaltschaft brutale Überfälle auf Personen aus der rechten Szene in Sachsen und Thüringen vorwirft. Die Opfer waren jeweils erst ausgespäht und dann von mehreren Angreifern zusammengeschlagen worden. Als Anführerin der militanten Gruppe, die noch deutlich größer sein soll, ist die Leipziger Autonome Lina E. angeklagt, die seit November 2020 in Untersuchungshaft sitzt. Mit ihr stehen drei Männer vor Gericht.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte dem „Spiegel“, im Linksextremismus sei eine neue Qualität gewalttätiger Übergriffe zu beobachten. „Es sind mehrere klandestine Kleingruppen entstanden, die sich vom Rest der Szene abschotten und gezielt ihre politischen Gegner angreifen. Hemmschwellen sind gefallen, und teilweise wird der Tod der Opfer billigend in Kauf genommen.“

Von Kay Würker, Thomas Haegeler und Anja Semmelroch


12.04.2021 LVZ

Morgendlicher Brand in Schmöllner Fitnessstudio

Am Montagmorgen musste die Schmöllner Feuerwehr zu einem Brand ausrücken. Der Alarm führte die Kameraden zu einem Fitnessstudio.

Schmölln. In einem Fitnessstudio in der Straße An der Sprotte in Schmölln ist am Montagmorgen ein Brand ausgebrochen. Das teilte die Polizei mit. Ein entsprechender Notruf sei kurz nach 6 Uhr in der Rettungsleitstelle eingegangen.

Halbe Schmöllner Feuerwehr vor Ort

Die Schmöllner Feuerwehr rückte mit 23 Mann aus, also etwa mit der Hälfte ihrer Belegschaft, berichtete Wehrleiter Mirko Kolz. Im Einsatz war dabei der gesamte Löschzug, bestehend aus Drehleiter, Einsatzleitwagen, zwei Löschfahrzeugen und einem Mannschaftstransportwagen.

Die Feuerwehrleute schafften es, die Flammen in dem einstöckigen Gebäude auf nur einen Raum begrenzt zu halten, der jedoch komplett brannte. „Wir haben ein Übergreifen auf andere Räume und auch auf den Dachstuhl verhindern können, sodass es in erster Linie nur das Sportstudio betrifft“, so Kolz. Dennoch seien die anderen Räume, die noch zum Studio gehören, etwa durch Ruß in Mitleidenschaft gezogen worden. In einem Nachbarraum im Gebäude gebe es auch noch einen zweiten Sportclub, der laut Kolz allerdings nur vom Qualm betroffen war.

Etwa einstündiger Einsatz

Nach etwa 20 bis 30 Minuten habe die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle gehabt, wie der Wehrleiter berichtet. Um die letzten Glutherde ausfindig zu machen, entfernten die Kameraden sogar einige Dachziegel, um den Dachstuhl inspizieren zu können. Glück im Unglück: Es befanden sich zur Zeit des Brandes keine Personen im Gebäude. Kurz nach 7.30 Uhr war das Feuer endgültig gelöscht.

Polizei übernahm, nachdem gelöscht war

Die Polizei führt nun Ermittlungen zur Brandursache, die am Montag noch andauerten.

Von Tobias Wagner


21. Februar 2023 – Von

Barbaria Schmölln Rechtsextremes Kampfsportangebot für die Jugend im Altenburger Land

Das rechtsextreme Kampfsport Gym „Barbaria Schmölln“ lockt junge Menschen mit seinen niedrigen Mitgliedsbeiträgen. Ein gefährliches Rekrutierungsprojekt.

Schmölln ist eine kleine Stadt im thüringischen Altenburger Land mit knapp 14.000 Einwohner*innen. Für junge Menschen gibt es in Schmölln ein paar Freizeitangebote. Es gibt einen Jugend- und einen Musik-Club, eine Kletterhalle und verschiedene Sportvereine. Auch zwei Fitness- beziehungsweise Kampfsportstudios hat der Ort zu bieten.

Den Fitnesspark und den Kampfsport-Verein „Barbaria Sportgemeinschaft e.V.“. Immer mehr Menschen zieht es ins Fitnessstudio, besonders junge Männer wollen mittels Krafttraining einem Fitnessideal näher kommen. Während Fitnesspark eine Monatsgebühr von etwa 40 Euro verlangt, kostet sie bei „Barbaria“ nur rund 30 Euro. Ein beträchtlicher Unterschied also, besonders für junge Menschen, bei denen das Taschengeld knapp ist.

Das große Problem ist jedoch, „Barbaria“ ist ein rechtsextremes Gym. Die Gefahr, so schildert es und sein Sozialarbeiter aus der Region sei, nicht, dass die Kids Lust auf Kampfsport haben. „Das Problem ist vielmehr, dass Barbaria so ein günstiges Angebot macht und es kaum Alternativen gibt.“

Bereits seit 2013 existiert der extrem rechte Kampfsport-Verein „Barbaria Sportgemeinschaft e.V.“ im Altenburger Land. Die NS-Ideologie des Vereins ist bereits im Logo erkennbar: eine Lebensrune. Zu Beginn der völkischen Bewegung wurde die Rune als Lebensrune gedeutet und ihr umgedrehtes Pendant als Todesrune. Unter dem NS-Regime wurde die Lebensrune als Lebensborn-Zeichen verwendet.

Der Lebensborn war in der NS-Zeit ein von der SS getragener, staatlich geförderter Verein, dessen Ziel es war, auf der Grundlage der nationalsozialistischen Rassenhygiene und Gesundheitsideologie die Erhöhung der Geburtenziffer „arischer“ Kinder herbeizuführen. Die völkisch-nationalistische Ideologie hinter dem Verein wird auch auf einigen Shirts von Barbaria deutlich. Hier steht in unter anderem, in runenartiger Schrift: „Widerstand für Volk und Land“.

Ein derart offenes neonazistisches Kampfsport-Gym scheint in Deutschland einzigartig. Und dennoch bekommt das rechte Treiben wenig (mediale) Aufmerksamkeit.

Die Räumlichkeiten: Platz für mehr

Der Verein „Barbaria“ bietet in seinen Räumen Trainings im Bereich Kickboxen und Mixed Martial Arts (MMA) an und richtet seine Angebote explizit auch an Kinder. Für die Trainings kann der Verein in Schmölln auf eigene Räumlichkeiten mit Boxring und verschiedenen Fitnessgeräten zugreifen. Im April 2021 war die ehemalige Immobile des Vereins vollständig abgebrannt.

„Barbaria“ zog daraufhin nur wenige Meter weiter in ein Gebäude mit einer Fläche von mehreren Hundert Quadratmetern. Wie es bei rechtsextremen Immobilien häufig üblich ist, werden auch hier die Räumlichkeiten für vielfältige rechtsextreme Vernetzungstreffen genutzt. So fand dort beispielsweise Anfang Dezember 2022 ein Rechtsrock-Konzert mit etwa 70 Teilnehmer*innen statt.

An jenem Abend trat dort die rechtsextreme Band „Legion S“ aus Tschechien auf. Spät in der Nacht wurde die Veranstaltung durch die Polizei beendet. Laut Verwaltung in Schmölln dürfen die Neonazis ihr Gym derzeit jedoch nicht für Kampfsport nutzen, da sie offenbar versäumt haben, einen Umnutzungsantrag zu stellen, seit sie in die neuen Räume gezogen sind.

„Unsere Aufgabe ist es, dass wir uns positionieren“, bekräftigt der Schmöllner Bürgermeister Sven Schrade, der in einem Gespräch immer wieder auf die Gefahr hinweist, die von „Barbaria“ ausgeht. Er ist sehr besorgt über das rechte Treiben in Schmölln. „Wir dürfen unsere Augen hier nicht verschließen. Ich sehe es als meine große Pflicht, darüber zu sprechen.“ Dabei sei es wichtig, auch Angebote zu machen, „denn schließlich ist Kampfsport nicht per se rechts.“

Martin Langner

Kopf des Vereins „Barbaria“  ist Martin Langner. Er ist selbst Kampfsportler und kämpfte im Januar 2017 bei dem unpolitischen MMA-Eventausrichter „We Love MMA“. Eine bundesweit stattfindende MMA-Veranstaltung mit Tausenden von Zuschauer*innen und Live-Übertragungen. Dieser Kampf machte Langner auch überregional bekannt.

Dabei war er schon damals Neonazi und besuchte neonazistische Veranstaltungen, mit seinen rechtsextremen Freunden. Im April 2018 stand Langner dann im Rahmen des neonazistischen Festivals „Schild und Schwert“ bei einer Kampfsporteinlage im Ring. Am 2. November 2018 trat er mit einem „Barbaria Schmölln“-Team beim faschistischen Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“ (KdN) im sächsischen Ostritz an. Immer wieder nimmt Langner an Demonstration der neofaschistischen Kleinstpartei „III. Weg“ teil. „Martin Langner gehört zum festen Inventar der bundesdeutschen Neonazi-Szene“ erklärt Felix Steiner, Pressesprecher von mobit, der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen. „Er ist hier seit vielen Jahren aktiv und offenbar bestens vernetzt“.

Auch ein Blick auf Langners Social Media-Profil lässt keine Fragen zur Ideologie des Kampfsportlers offen. Schon sein Profilbild zeigt Langner in Siegerpose auf einem KdN-Event. Im Hintergrund hängt ein großes Transparent der Rechtsrock-Band „Oidoxie“. Eine Band, die eine zentrale Rolle im rechtsterroristischen Netzwerk der paramilitärischen Gruppe „Combat 18“ einnimmt.

Neben antisemitischen Verschwörungserzählungen, dass der jüdische Milliardär George Soros, die Menschheit versklaven wolle, betitelt Langner Urlaubsbilder mit „Heil dir Germania“ oder teilt Beiträge zu NS-Verherrlichung. 2017 schrieb Langner: „Die Zeiten werden hart und sowie es zur Zeit aussieht nicht besser, jeder Deutsche sollte an seiner Wehrhaftigkeit arbeiten. Wer ein ordentlicher Mensch ist, einen Sinn für Kameradschaft hat und endlich was für seinen Körper tun möchte, kann gern bei uns vorbei schauen.“ (sic!) Langner umschreibt hier, dass sich Deutsche, und wer als deutsch gilt, scheint er zu definieren, im Kampf trainieren müssen.

Enge Anbindung an den „III. Weg“

Im August 2021 und 2022 fanden im Zwickauer Stadtteil Neuplanitz nationalistische Fußball-Turniere statt, organisiert vom „III. Weg“-Stützpunkt Westsachsen. Als eigene Teams traten beide Jahre die Sportgemeinschaft „Barbaria Schmölln“ mit einer augenscheinlich jungen Mannschaft an. Auch Langner war dabei. 2021 erlangte das „Barbaria“-Team den ersten Platz. Der „III. Weg“ schreibt später, man habe an diesem Tag „deutschen Anwohnern unbeschwerte Stunden auf dem ansonsten häufig von Ausländerkindern und fremdländischen Jugendlichen belagerten Platz“ ermöglichen wollen.

Im Jahr 2022 kam das „Barbaria“-Team auf den zweiten Platz. Wenig später schreiben die Neonazist*innen vom „III. Weg“: „Erneut wurde, völlig störungsfrei, ein Tag verlebt, der die Gemeinschaft nach innen stärkte und nach außen zum Ausdruck brachte, was wir im Großen anstreben: eine völkische Gemeinschaft, in der das Wir über dem Ich steht und in der die dekadente und egoistisch geprägte Ellbogengesellschaft der Vergangenheit angehört.“ Es scheint, als würden besonders junge Menschen über Langner und sein Gym an die militante rechtsextreme Szene herangeführt werden.

Bürgermeister Schrade kritisiert, dass Teile der Schmöllner Bevölkerung das rechtsextreme Gym recht unproblematisch betrachten. „Es fehlt da teilweise an Sensibilisierung“, so Schrade. „Und genau das nutzen die Verantwortlichen aus. Sie treffen dabei auf einen Nährboden“.

Versuchte die neonazistische NPD noch, junge Menschen über Musik mithilfe einer „Schulhof CD“ zu ködern, versuchen Neonazis mittlerweile vielfach über Sport Jugendliche zu erreichen und zu rekrutieren. Ein Konzept, das erfolgversprechend scheint, schließlich erleben wir derzeit gesamtgesellschaftlich einen Fitnessboom, der alle Bereiche des Lebens abdeckt.

Rechtsextreme versucht gezielt, über Sport die tödlichen Ideen des Rassismus und Faschismus in die Köpfe junger Menschen zu pflanzen. Das Angebot, das sie jungen Menschen machen, entspricht damit wohl dem Zeitgeist junger Neonazis, denen es oftmals nicht mehr so sehr ums Feiern, Alkohol und Musik geht. Stattdessen werden sie von militanten Neonazis im Straßenkampf ausgebildet. „Leute, die einfach nur Kampfsport machen wollen, könnten über Barbaria an die neonazistische Szene herangeführt werden“, warnt Felix Steiner von mobit. „Es besteht die Gefahr, dass hier auch Neonazis trainiert werden, die diese Fähigkeiten dann im Straßenkampf einsetzen.“

Vielfältige Vernetzung in die militante Neonazi-Szene

Langner selber scheint der neonazistischen Kleinstpartei „III. Weg“ sehr nah zu stehen. Bilder zeigen ihn auf „III. Weg“-Veranstaltungen, in Parteiuniform. Im Mai 2022 fand in den neuen Räumlichkeiten des rechtsextremen Schmöllner Gyms ein Selbstverteidigungskurs für „III. Weg“-Aktivist*innen und junge Nachwuchs-Nazis statt. Vonseiten der rechtsextremen Partei heißt es später dazu:

„Gerade in Zeiten, in denen es zu immer mehr und immer brutaleren Angriffen auf Nationalisten kommt und es auf den Straßen immer rauer zu geht, ist es enorm wichtig, für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Daher fand unter fachmännischer Anleitung, anschaulich erklärt und vorgeführt, ein zweistündiger Exkurs in den Bereichen Selbstverteidigung sowie Kampfsportgrundlagen statt. Realitätsnah wurden hierbei mögliche Szenarien durchgegangen, wie sie sich auf der Straße häufig abspielen.“

Die Vernetzungen von Langner und Barbaria in die Neonazi-Szene sind mannigfaltig. Wie gut Langner aber tatsächlich in der Szene vernetzt ist, lässt sich wohl am eindrücklichsten am „Kampf der Nibelungen 2020“ nachzeichnen: Aufgrund der Infektionsschutzbestimmungen wegen der Corona-Pandemie konnte der KdN 2020 ein Live-Event veranstaltet. Die Neonazis um KdN-Chef Alexander Deptolla entschieden sich für ein als Video gestreamtes Kampfevent.

Nachdem der erste Veranstaltungsort, an dem das Video aufgezeichnet werden sollte, in Magdeburg durch die Polizei untersagt wurde, wich das KdN-Team und seine Kämpfer in das Gym von „Barbaria“ aus. Von hier wurden schließlich fünf Kämpfe ausgetragen. Organisatoren des KdN bezeichneten die deutsche Demokratie auf ihrer Website als „faulendes politisches System“ und sprechen vom Training für den „Straßenkampf“. Damit sind die Ziele klar formuliert: Hier trainieren Neonazis für den politischen Umsturz.

Trotz dieser offenkundigen Vernetzungen des Vereins und die wiederholte Teilnahme an den großen neonazistischen Kampfsportturnieren kam der Thüringer Verfassungsschutz 2018 noch zu folgender Einschätzung: „Der Verein wird nach Einschätzung des Amts für Verfassungsschutz nicht von Rechtsextremisten dominiert, auch wenn dort unter anderem Rechtsextremisten trainieren“, so steht es in einem Plenarprotokoll des Thüringer Landtages von Februar 2018.

Die demokratische Zivilgesellschaft aus Schmölln und Jugendsozialarbeiter*innen aus der Umgebung sind hingegen besorgt. „Barbaria“ sei eine große Gefahr für die Jugendkultur in der Region, berichten sie übereinstimmend. Besonders, weil es ein so deutlich günstigeres Mitgliedsabo anbietet, macht sich dieses attraktiv für junge Menschen, die noch nicht über ein eigenes Einkommen verfügen.